Definition und Ziele des Austrittsgesprächs
Austrittsgespräche, auch bekannt als Exit Interviews, sind strukturierte Gespräche zwischen Führungskräften und scheidenden Mitarbeiter:innen. Sie stellen aus Sicht des Unternehmens eine wichtige Informationsquelle dar und zählen zu den wohl emotionalsten Berührungspunkten. Wer Austrittsgespräche jedoch als reine Datensammlung sieht, verfehlt ihren Zweck und verpasst eine enorm große Chance. Zwar geben sie durch Feedback, verschiedenen Blickwinkeln und Erfahrungen scheidender Mitarbeiter:innen einen tiefen Einblick in aktuelle Arbeitsbedingungen und Prozesse, können auf emotionaler Ebene aber auch zu einer langfristig positiven Beziehung führen.
Warum sind Austrittsgespräche wichtig für Start-ups?
Start-ups sind dynamisch und wandelbar. Eine solche Reise sorgt unausweichlich für Veränderung. Sowohl im Unternehmen selbst als auch in der Belegschaft. Besonders dort, wo sich viel bewegt, sind Austrittsgespräche von großer Bedeutung. Warum? Weil sie dir helfen, deine Organisation in die richtige Richtung zu entwickeln, du eine Kultur der offenen, wertschätzenden Kommunikation etabliert und es selbst in der Hand hast, ob dein Unternehmen nach dem Austritt in guten oder schlechten Erinnerungen bleibt. Wichtig zu verstehen ist zudem, dass die Wirkung eines Exit-Interviews den tatsächlichen Moment überschreitet und positiv umgesetzt zusätzlich Auswirkungen auf andere Bereiche haben kann.
Der Einfluss von Austrittsgesprächen auf die Candidate und Employee Experience
Eine sorgfältig durchgeführte Exit-Strategie kann eine positive Employee Experience bis zum Schluss sicherstellen. Austrittsgespräche zeigen, dass du deinen Mitarbeiter:innen bis zum Ende ihrer Beschäftigung Wertschätzung entgegenbringst. Eine nachhaltig positive Botschaft an die betroffene Person, die restlichen Mitarbeiter:innen und potenzielle Bewerber:innen. Auch für die Candidate Experience sind Austrittsgespräche von großer Bedeutung. Gutes Feedback von ehemaligen Mitarbeiter:innen kann zu positiven Bewertungen auf Job-Portalen führen und somit sowohl die Candidate Experience, als auch die Employer Brand deines Unternehmens stärken. Denn nur weil die Person nicht mehr in deinem Unternehmen ist, heißt es noch lange nicht, dass sie keinen Einfluss mehr ausüben kann.
Die Psychologie hinter Austrittsgesprächen
Die Gründe, warum Mitarbeiter:innen ein Unternehmen verlassen, sind oft vielschichtig und können sowohl berufliche als auch persönliche Aspekte umfassen. Indem du diese Gründe in einem Austrittsgespräch offen ansprichst, zeigst du Empathie und Verständnis. Dies kann dazu beitragen, eventuelle negative Gefühle, die das Ausscheiden begleiten, abzumildern und eine positive Endnote zu setzen. Es ist jedoch wichtig, sich bewusst zu machen, dass das Austrittsgespräch ein emotional aufgeladener Moment sein kann. Daher ist es entscheidend, mit Sensibilität und Takt vorzugehen. Vermeide es, defensiv zu reagieren, und versuche stattdessen, aus der Perspektive der scheidenden Mitarbeiter:in zu verstehen, was zu ihrer Entscheidung geführt hat.
Wie führe ich ein effektives Austrittsgespräch?
Ein effektives Austrittsgespräch ist ehrlich, authentisch, offen und respektvoll. Eine Attitüde a la „Ich bin der Chef” wird dir wenig bringen, daher hier ein paar wirkungsvolle Tipps:
- Vorbereitung: Bevor das Austrittsgespräch stattfindet, solltest du dich gründlich vorbereiten. Kenne die Rolle und die Verantwortlichkeiten der scheidenden Mitarbeiter:in und denke über die möglichen Gründe für ihr Ausscheiden nach. Wenn du dich als Führungskraft für diesen Weg entschieden hast, ist es ebenso wichtig, dass du dich mit den Gründen konkret auseinandersetzt.
- Etabliere eine sichere Umgebung: Das Gespräch sollte in einer ruhigen, privaten Umgebung stattfinden. Stelle sicher, dass die Mitarbeiter:in sich wohlfühlt und offen sprechen kann. Denk daran, ein solches Gespräch kann ein sehr emotionaler und intimer Moment sein.
- Aktives Zuhören: Zeige echtes Interesse an dem, was die Mitarbeiter:in zu sagen hat. Das kann Vertrauen schaffen und dazu beitragen, dass ehrliches Feedback gegeben wird.
- Nutze das Feedback: Wenn du Feedback erhältst, nutze es. Es ist eine Chance, dein Start-up zu verbessern, aber auch dich als Persönlichkeit weiterzuentwickeln.
16 Fragen, die du beim Exit-Interview stellen kannst:
1. Warum hast du dich entschieden, das Unternehmen zu verlassen?
2. Was hat dir an deiner Arbeit am besten gefallen?
3. Was waren die größten Herausforderungen oder Schwierigkeiten, die du hier erlebt hast?
4. Gibt es etwas, was wir hätten anders machen können, um dich im Unternehmen zu behalten?
5. Wie würdest du das Arbeitsklima und die Unternehmenskultur beschreiben?
6. Welche Verbesserungsvorschläge hast du für uns?
7. Wie würdest du die Zusammenarbeit mit deinem Team und deiner Führungskraft beschreiben?
8. Wie empfandest du die Work-Life-Balance in unserem Unternehmen?
9. Gab es genügend Möglichkeiten zur beruflichen Weiterentwicklung und Weiterbildung?
10. Was hat dir an unseren Unternehmenswerten und unserer Kultur am meisten bzw. am wenigsten zugesagt?
11. Wie gut fühltest du dich von uns während deiner Zeit hier unterstützt und anerkannt?
12. Hast du das Gefühl, dass deine Arbeit einen Beitrag zum Unternehmenserfolg geleistet hat?
13. Wie empfandest du die Kommunikation und Transparenz innerhalb des Unternehmens?
14. Gab es spezifische Ereignisse oder Entscheidungen, die zu deiner Entscheidung beigetragen haben, das Unternehmen zu verlassen?
15. Wie wahrscheinlich ist es, dass du unser Unternehmen anderen empfehlen würdest und warum?
16. Was könnten wir deiner Meinung nach tun, um ein noch besserer Arbeitgeber zu sein?
Herausforderungen bei der Durchführung von Austrittsgesprächen
Austrittsgespräche können auch Herausforderungen mit sich bringen:
- Emotionale Belastung: Ein Austrittsgespräch kann emotional belastend sein. Bereite dich darauf vor und behalte stets einen ruhigen und professionellen Umgang. Vergiss dabei jedoch nicht, dass wir alle Menschen sind und die richtige Form von Empathie gefragt sein kann.
- Widerstand: Nicht alle Mitarbeiter:innen sind bereit, ehrliches Feedback zu geben. Ermutige sie dazu, indem du zeigst, dass du offen für Kritik bist und diese zum Wohle des Unternehmens nutzen willst. Erkenne hingegen gleichermaßen die persönlichen Grenzen deines Gegenübers und setze die Person nicht unter Druck.
- Der richtige Umgang mit kritischem Feedback: Ehrliches Feedback kann manchmal weh tun. Gerade dann, wenn es um das eigene Start-up oder die eigene Person geht. Nehme jegliche Form von Feedback an, bleib gelassen und nimm dir im Nachgang Zeit zur Reflexion. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass du dich angegriffen fühlst und zum Gegenangriff ausholst.
Das Beste aus einer Kündigung machen
Eine Kündigung, oder ein von Mitarbeiter:innen initiierter Austritt, kann auf den ersten Blick wie ein Verlust erscheinen. Es kann sich jedoch auch als Chance herausstellen. Mit einem effektiven Austrittsgespräch kannst du wertvolle Erkenntnisse gewinnen und Beziehungen zu deinen ehemaligen Mitarbeiter:innen pflegen. Nutze diese Gelegenheit, um aus ihren Erfahrungen zu lernen und dein Unternehmen weiter zu verbessern. Ein gut durchgeführtes Austrittsgespräch kann dazu beitragen, dass Mitarbeiter:innen das Unternehmen mit einer positiven Erfahrung verlassen, die sie weitertragen und so dein Unternehmen in einem positiven Licht darstellen.
Fazit
Austrittsgespräche sind mehr als nur eine formale Übung. Sie sind eine strategische Investition in die Zukunft deines Unternehmens und eine Möglichkeit, deine Wertschätzung für deine Mitarbeiter:innen zu zeigen. Obwohl sie herausfordernd sein können, sind sie eine einmalige Gelegenheit, um wertvolles Feedback zu erhalten und eine positive letzte Erfahrung zu gestalten. Indem du Austrittsgespräche zu einem integralen Bestandteil deiner Unternehmenskultur machst, kannst du nicht nur die Employee und Candidate Experience verbessern, sondern auch wertvolle Einblicke für die Weiterentwicklung deines Start-ups gewinnen. Menschen werden es dir danken, wenn selbst deine Exit-Journey sie zum Strahlen bringt. Und wer weiß? Vielleicht begrüßt du einige deiner ehemaligen Mitarbeiter:innen eines Tages wieder in deinem Team.